Mit dem Turmdrehkran Form 30A/35 ist nach über 50 Jahren ein Klassiker zu Liebherr zurückgekehrt. Entdeckt und restauriert wurde der Kran von einem Privatmann.
Das Liebherr Tower Crane Center in Bad Waldsee ist um eine Attraktion reicher: einen Turmdrehkran Form 30A/35, Baujahr 1969. Der Kran wurde Anfang Jänner als Leihgabe von seinem Eigentümer, Stephan Keim, an Liebherr übergeben. Der Liebherr-Fan hatte den Kran im Jahr 2008 entdeckt, vor der Verschrottung bewahrt und in jahrelanger Arbeit in seinen funktionsfähigen Urzustand zurückversetzt.
Bevor der Kran bei Liebherr aufgebaut werden konnte, musste er zerlegt und auf zwei Lkw rund 350 Kilometer von Aschaffenburg nach Bad Waldsee transportiert werden. Vor Ort stand ein Team von Liebherr-Monteuren bereit, um den Kran gemeinsam mit Stephan Keim innerhalb von zwei Tagen wiederaufzubauen. Als Industriedenkmal kann der Kran nun auf dem Gelände des Tower Crane Centers von Besuchern bestaunt werden.
„Wir sind begeistert, dass dieser Teil der Liebherr-Geschichte nun wieder bei uns ist. Viele historische Baumaschinen sind über die Jahre außer Betrieb genommen und abgerüstet worden. Es ist uns wichtig, unsere Geschichte zu erhalten und Stephan Keim hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet“, sagt Michael Goll, Head of Global Communication & Organizational Development bei der Liebherr-Werk Biberach GmbH.
Von seiner Entdeckung bis hin zur Fertigstellung dauerte es mehr als vier Jahre, um dem Form 30A/35 neues Leben einzuhauchen. Etwa ein Jahr davon nahm alleine die Restaurierung in Anspruch: „Der Kran war baufällig, als ich ihn übernommen habe“, berichtet Stephan Keim, der bis dahin noch keine Maschine dieses Ausmaßes restauriert hatte. Der Kran mit dem Fertigungsdatum 7/1969 war vollkommen verrostet und viele seiner Komponenten stark in Mitleidenschaft gezogen oder zerstört.
„Allein die schwer zugänglichen Drehkranzschrauben auszutauschen, hat einen ganzen Tag gebraucht.“ Die Bolzen waren verrostet und nicht mehr verwendbar, aber von guter Substanz. Sie wurden geschliffen, neu verzinkt und wo immer möglich wieder eingebaut. Der ganze Kran wurde sandgestrahlt und neu lackiert. Jede einzelne Schraube tauschte der sonst als Key-Account-Manager Tätige aus. Er erneuerte die Kugellager der Seilrollen und stellte den Schaltschrank sowie die Seile und Verkabelung wieder her.
Insgesamt konnte der Tüftler viele Original- und Ersatzteile, die bei Liebherr noch auf Lager sind, erwerben und einbauen. Die 120 Liter Lackierfarbe in originalem Gelb wurden von Liebherr bereitgestellt. „Eine Herausforderung war unter anderem das Führerhaus, das war komplett verrostet und die Bleche waren löchrig. Das hätten wir nicht mehr reparieren können“, sagt Stephan Keim. Mit Hilfe seines Schlossers baute er die Bleche millimetergenau nach, sodass sie vom Original nicht zu unterscheiden sind. Heute trägt der Kran eine UVV-Prüfplakette und ist wieder uneingeschränkt einsatzfähig.
Der Liebherr Form 30A/35 wurde von 1962 bis Mitte der siebziger Jahre produziert. Er war einer der meistgebauten Mittelklasse-Krane seiner Zeit. Rund 3.000 davon stellte Liebherr her. Der Untendreher mit Nadelausleger war damals die gängige Bauform. Mitte der 1970er-Jahre kam dann eine neue, komplett veränderte Art von Kranen auf den Markt, die transportfreundlicher und damit wirtschaftlicher waren als die bis dahin üblichen Modelle. Auch wenn er nach und nach von den Baustellen verschwand, läutete der Form 30A/35 dennoch eine neue Ära in der Krankonstruktion ein: Er war der erste seiner Art, der aus Rohr- und Hohlprofilen, anstatt der bisherigen L-Profile, konstruiert wurde. Diese Bauweise kommt bis heute in modernisierter Form bei allen Liebherr-Turmdrehkranen zum Einsatz.